Zufriedenheit hat der Gerechtigkeit etwas voraus: Sie steht im Fokus von Organisationen. Die systematische Abfrage von Zufriedenheit, insbesondere bei Kunden, ist eine vergleichsweise moderne Praxis. Bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren erkannten Unternehmen, dass die Erfassung der Kundenzufriedenheit entscheidend für den Aufbau und die Sicherung von Kundenloyalität ist. Das so gewonnene Feedback hilft, die Servicequalität kontinuierlich zu verbessern.
Doch wie steht es um die Gerechtigkeit? Diese Frage wird im organisationalen Kontext viel zu selten gestellt – wenn überhaupt. Dabei wäre sie durchaus berechtigt. Man kennt es: Nach einem Hotline-Anruf wird gefragt, wie zufrieden man mit dem Service war. Warum aber stellen Unternehmen nach einem Teammeeting, einem Mitarbeitendengespräch oder einem abgeschlossenen Projekt nicht die Frage, wie gerecht der Prozess empfunden wurde?
Es gibt nachvollziehbare Gründe für diese Zurückhaltung: Gerechtigkeit gilt als subjektiv, schwer messbar und nicht einfach operationalisierbar. Zudem könnte das Ergebnis solcher Abfragen das Image einer Organisation gefährden. Die Verbindung zwischen wahrgenommener Gerechtigkeit und unternehmerischen Zielen scheint oft unklar.
Doch wir sind überzeugt: Überall dort, wo Regeln Prozesse strukturieren, stellt sich zwangsläufig auch die Frage nach Gerechtigkeit. Die Anwendung von Regeln – ob schriftlich oder ungeschrieben – löst bei den Beteiligten unterschiedliche Gerechtigkeitsempfindungen aus. Das Gefühl, aufgrund von Regeln oder deren Fehlen ungerecht behandelt worden zu sein, wiegt schwer.
Warum also Gerechtigkeit lediglich als Teil der Zufriedenheit betrachten, anstatt sie eigenständig zu messen? Eine einfache Skala, wie sie bei der Kundenzufriedenheit genutzt wird, könnte auch hier eingesetzt werden: Von „1 – sehr ungerecht“ bis „5 – sehr gerecht“ ließe sich die Wahrnehmung von Gerechtigkeit systematisch erfassen.
Organisationen könnten regelmäßig prüfen, ob Mitarbeitende ihre Bezahlung als gerecht empfinden. Förderinstitutionen könnten evaluieren, wie fair ihre Verfahren wahrgenommen werden – durch gezielte Befragungen der Beteiligten. Dieses Feedback könnte bestehende Annahmen und Standards einem Realitätscheck unterziehen und zur Verbesserung beitragen.
Gerechtigkeit ist kein absoluter Zustand, sondern ein Prozess – ein Weg, den es stetig weiterzugehen gilt. Das Ignorieren von Gerechtigkeit birgt das Risiko, Loyalität und Vertrauen der Mitarbeitenden zu verlieren. Niemand möchte mit einem Prozess zu tun haben, der als ungerecht empfunden wird.
Es gibt viele Wege, unternehmerische Ziele zu erreichen. Gerechtigkeit – nicht nur auf dem Papier – trägt wesentlich zum Erfolg und zur Zufriedenheit aller Beteiligten bei. Und wer, wenn nicht die Mitarbeitenden, Kunden oder die Öffentlichkeit, könnte besser beurteilen, was gerecht ist? Es gibt keinen Grund, sie nicht danach zu fragen.
Lassen Sie uns ins Gespräch kommen.
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