Wer sich jemals um eine knappe Ressource wie eine Wohnung in Berlin beworben hat, kennt das Gefühl: Gerecht fühlt es sich nur an, wenn alle die gleichen Chancen haben – oder niemand sie hat. Alles andere ist ungerecht.
Wer in einem Team andauernd die schwierigsten Aufgaben auf seinen Tisch bekommt, aber die Kolleginnen und Kollegen nicht, fühlt sich schnell ungerecht behandelt.
Wer aus vielen Bewerber*innen um eine Wohnung nur eine Bewerber*in auswählen darf, weiß um die Schwere dieser Entscheidung. Alle haben die Wohnung so dringend nötig und die Entscheidung wird sich nur für eine Bewerberin gerecht anfühlen.
Wie führt in solchen Situationen der Zufall zu mehr Gerechtigkeit? Er vermeidet subjektive Bevorzugungen. Statt den als unfair empfundenen Kriterien im Ermessensspielraum einer Entscheiderin entscheidet ein neutrales Los zwischen sonst gleichwertigen Alternativen. Das nennt man ein ungewichtetes Losverfahren. Gleichzeitig verringert der Zufall die Belastung der einzelnen Akteur*innen. Er hilft, eine Last gleichmäßig über viele Schultern zu verteilen.
Immer gerecht?
Manchmal ist Neutralität nicht die beste Lösung. Was, wenn manche Menschen schlechtere Startbedingungen oder einen dringenderen Bedarf haben? Hier kommt das gewichtete Losverfahren ins Spiel. Die Chancen bleiben für alle gewahrt, aber bestimmte Personen bekommen mehr Lose – und damit einen Vorteil. So könnte etwa eine Person mit besonders hohem Wohnraumbedarf mehr Lose erhalten.
Das funktioniert allerdings nur, wenn die Regeln im Vorfeld klar sind. Wer bekommt warum mehr Lose? Welche Kriterien werden bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit von Alternativen herangezogen? Ohne Transparenz und gute Kommunikation entsteht neues Misstrauen, statt Gerechtigkeit.
Gerechtigkeit ist gestaltbar
Gerechtigkeit ist ein Prozess. Und er lässt sich gestalten. Immer wenn es um den Vergleich zwischen gleichwertigen Alternativen geht, bietet sich das Losverfahren an. Es ist eine in vielerlei Hinsicht kostengünstige, ressourcenschonende Alternative zu anderen Entscheidungsverfahren. Mit klaren Regeln und guter Kommunikation kann der Zufall spürbar für mehr gefühlte Gerechtigkeit und Zufriedenheit sorgen – für alle Beteiligten.
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